Von Miami auf die Azoren

Good Bye Miami

(M) Am 02.Mai starten wir in Richtung Bermuda, ein kleines Archipel mitten im Nordatlantik. Gut 1.000 Seemeilen liegen vor uns. Wir verlassen Miami, wie wir es vor drei Wochen angelaufen haben – staunend mit offenem Mund. Was hier aus dem Boden gehoben und den Everglades abgerungen wurde, ist unbeschreiblich. FĂŒr mich, der auf dem Dorf aufgewachsen ist, ist das hier einige Nummern zu groß aber doch faszinierend. Die Skyline von Miami und Fort Lauderdale begleiten uns noch viele Stunden an Backbord und die Lichtkuppel der Metropolen sehen wir bis tief in die Nacht hinein, als uns der Golfstrom bereits mit seiner gesamten Kraft in Richtung Norden zieht.

GOOD FELLOW lĂ€uft hier bei halben Wind mehr als 10 Knoten. Das hatten wir zuletzt im englischen Kanal. Unser neues Crewmitglied Torsten ist happy und ĂŒbernimmt das Kommando. Ich lasse ihn machen und muss in mich rein schmunzeln, was Torsten alles  veranstaltet, um das Schiff schneller zu machen. Nach Monaten auf dem Boot bin ich ĂŒber diese Phase weitestgehend weg. Okay, solange keine anderes Schiff auftaucht, das mich ĂŒberholen will. 

Wir verlassen den Golfstrom nordwestlich der Bahamas und bei abnehmenden Wind fahren wir in die erste Flaute hinein. Die gute Wettervorhersage Ă€nderte sich innerhalb eines Tages leider grundlegend. Kein Wind und dann Wind von OST. Um nach Osten zu kommen, mĂŒssen wir das rechtsdrehende Hochdruckgebiet im Norden befahren, hier im SĂŒden des Hochdruckzentrums gibt es nur Wind gegenan. Nördlich der Bahamas setzen wir, mit einsetzendem Ostwind, Kurs NORD und fahren gut 110 Seemeilen im rechten zum eigentlichen Ziel. Wir entfernen uns sogar davon. Die Überlegung, sich vom Ziel zu entfernen, um es zu erreichen ist ein Geduldspiel. Ich ĂŒbe mich darin, jedes mal wenn solche Entscheidungen getroffen wurden. 

Wir nutzen den Ostwind und fahren bei 10-15kn hart am Wind. GlĂŒcklicher Weise sind die Wellen moderat, GOOD FELLOW schneidet sie, anstatt sich festzustampfen und lĂ€uft mit gut 6 Knoten. Vom Cockpit aus und sogar unter Deck, merkt man die enormen Belastungen, die auf das gesamte Schiff einwirken. So richtig Spaß habe ich daran nicht. Meine Laune bessert sich erst, als der Wind beginnt zu drehen und wir ganz langsam in östliche Richtung fahren. Unsere Windfahne macht das ganz automatisch. Nach einem Tag kommt die nĂ€chste Flaute. Laut Wetterbericht soll der Westwind am 32. Breitengrad einsetzen. Wir haben es bis zum 31. Breitengrad geschafft und somit mĂŒssten wir noch 60 Seemeilen in den Norden fahren. Doch das ist nicht so ohne Weiteres möglich. Wir könnten zwar unter Maschine fahren, doch im Atlantik gibt es chaotische Strömungen, die nicht vorhersehbar sind und uns zufĂ€llig 1,5 Knoten Gegenströmung bescheren. Hinzu kommen 8 bis 10 Knoten Wind auf die Nase und die Atlantikwelle. Wir tasten uns ganz langsam vor. Ich ĂŒbe mich in Geduld. 

Große Freude herrscht am Morgen des fĂŒnften Seetages. Es besuchen uns Delphine, eine Schule von mehr als 15 Tieren schwimmen in unserer Bugwelle und nehmen scheinbar zu uns Kontakt auf. Das sind die schönsten Momente der Reise, die wir nie wieder vergessen werden. 

Torsten packt derweil die Angelschnur aus und will einen Fisch fangen. Er hat genaue Vorstellungen welcher Fisch es sein soll. Auch die FischgrĂ¶ĂŸe wird vorher genau festgelegt. Damit das auch klappt, wird der richtige Köder an die Schnur gebunden. Doch außer Seegras gab es keinen großen Fang zu vermelden. 

Ganz langsam setzt der Wind wieder ein, genau dort, wo er auch laut Vorhersage einsetzen sollte. Bereits das erste kleine LĂŒftchen wird von unseren Segeln eingefangen. Der MotorlĂ€rm ist unertrĂ€glich, wir schalten ihn schnellstmöglich ab. Endlich wieder Segeln! Der achterliche Wind schiebt uns unaufhörlich zu unserem Ziel und wir halten genau darauf zu.  Es wird merklich kĂ€lter. In den NĂ€chten kĂŒhlt es sich deutlich ab, ohne warme Kleidung kaum auszuhalten. Dazu kommt noch die Luftfeuchtigkeit, die alle OberflĂ€chen in der Nacht nass werden lĂ€sst. Nach Monaten in der WĂ€rme, mĂŒssen wir uns erst einmal wieder daran gewöhnen. Ich krame meine SkiunterwĂ€sche wieder vor. 

Zwei Tagesetappen vor unserem Ziel kĂŒndigt sich dann eine WetterĂ€nderung an. Wieder soll der Wind drehen, wieder gegenan. Doch wann die Winddrehung einsetzt, ist aus den beiden gĂ€ngigen Wettermodellen der EuropĂ€er und der Amerikaner nicht herauszulesen. Diese unterscheiden sich nĂ€mlich auch zwei Tage davor noch deutlich. Wir fahren vorsichtshalber einen Nordkurs, um im schlimmsten Fall noch mit einem Amwind-Kurs Bermuda zu erreichen. Das sich das Wetter und die Winde Ă€ndern, sehen wir bereits in der Nacht. Nördlich von uns ziehen Gewitter mit Wetterleuchten durch. Ich habe immer noch Respekt vor Gewittern auf See, auch wenn sie scheinbar weit weg sind. Aber was auf See weit weg aussieht, waren in Wirklichkeit nur ein paar Seemeilen. Um genau zu sein zwei Seemeilen. Das war knapp. Am Morgen zieht ein Regengebiet ĂŒber uns hinweg, beschert uns 35 Knoten Wind, riesige steile Wellen und eine Dusche, die die GOOD FELLOW vom vielen Salz befreit. Der Wind lĂ€sst uns wieder beeindruckend schnell fahren, es werden mehr als 12 Knoten in der Spitze, immer dann, wenn wir einen der vielen hohen Wellenberge hinab surfen. Wir reffen und nehmen Fahrt aus dem Schiff. Zwischenzeitlich fliegt ein Fisch, der doch tatsĂ€chlich unseren Köder gefressen hat aus einer der Wellen hinter uns. Torsten wird umgehend geweckt und die Leine eingeholt. Doch die EnttĂ€uschung ist groß, der Fisch ist samt Köder verschwunden. Wir holen die blanke Leine ein. Schade!

Dann dreht der Wind, spĂ€ter aber nicht so stark, wie vorhergesagt. Gut so!! Jetzt heißt es Gas geben. Wir schaffen es bis zur Insel!!!  Der morgendliche kleine Sturm hat uns einige Seemeilen zusĂ€tzlich verschafft, es sind doch nur noch 80 Seemeilen. Bis in die Nacht hinein segeln wir mit dem Wind von der Seite und abnehmenden Wellengang. Unter Deck merkt man davon nichts. Wir liegen nur etwas auf der Seite und gleiten dahin. So könnte das immer sein! Als sich der Lichtkegel von Bermuda schon deutlich abzeichnet lege ich mich hin und Torsten ĂŒbernimmt das Steuer. Erst kurz vor der KĂŒste wache ich auf. Die Insel liegt nun vor uns, LeuchttĂŒrme blinken und dazwischen die Lichter der HĂ€user. Fast geschafft. Jetzt nur noch die 20 Seemeilen um die KĂŒste herum, den Wind entgegen. Wir umrunden am frĂŒhen Morgen des 11. Mai die SĂŒdspitze, bergen die Segel und starten den Motor. Die letzten Seemeilen werden nochmal richtig hart. Gegen Wind und Welle kĂ€mpft sich unser Schiff langsam in den Norden. Ich versuche dicht an der KĂŒste zu bleiben, werde aber nach kurzer Zeit von der KĂŒstenwache per Funk angewiesen 2 Seemeilen Abstand zu halten. Nun werden die Wellen noch grĂ¶ĂŸer. Ein Versuch gegen den Wind zu kreuzen scheitert und meine Laune ist am Tiefpunkt. 1,6 – 2,8 Knoten stehen auf der Logge, teilweise stehen wir fast, immer dann, wenn eine große Welle auf uns zu rollt und uns in ein dahinter liegendes Wellental fallen lĂ€sst. Der Motor gibt alles und ich ĂŒbe mich in Geduld, wie so oft auf dieser Etappe. Gegen Mittag laufen wir in den Hafen von St. Georges im Norden ein, legen am Customs-Dock an und klarieren ein. Wir werden sehr freundlich empfangen und schon kurze Zeit spĂ€ter fĂ€llt der Anker in der weitlĂ€ufigen Bucht. Hallo Bermuda, mal sehen, was du zu bieten hast.

Von Bermuda nach Horta

Bermuda ist eine kleine sehr aufgerĂ€umte und saubere Insel. Die HĂ€user haben weiße DĂ€cher und das kleine Stadtzentrum von St. Georges ist ebenfalls durch seine kleinen HĂ€user und Gassen sehr pittoresk. Wir setzen uns in den Bus und fahren in die 18 Kilometer entfernte Hauptstadt Hamillton. Dort geht es schon geschĂ€ftiger zu. Eine richtige kleine Hauptstadt mit Einkaufsmeile, großen VerwaltungsgebĂ€uden, eine hĂŒbschen Kathedrale und einem Fort. Wir erkunden die Stadt zu Fuß und haben nach ein paar Stunden bereits alles gesehen, inklusive eines Bootsausstatters und Angelladens.

ZurĂŒck in der Ankerbucht bereiten wir GOOD FELLOW fĂŒr die Weiterfahrt vor. Bunkern ein paar sehr teure frische Lebensmittel und tanken Diesel und Benzin.

Unterdessen ist ein Kommen und Gehen im Ankerfeld. Viele Schiffe, die sich wie wir auf der RĂŒcktour befinden, machen Station auf Bermuda. Und so treffen wir unsere Freunde der Toucan aus Finnland oder den Skipper Stefan wieder.
Am 15. Mai lichten wir den Anker. Gemeinsam mit unseren Freunden der Mariposa geht es nun auf nÀchste Etappe zu den Azoren. Mindestens 1.700 Seemeilen liegen vor uns.

Dem  Start sind lange Diskussionen zum Wetter vorausgegangen. Ein Hochdruckfeld soll in vier Tagen einen starken Nordostwind mit sich bringen, und den wollen wir unbedingt hinter uns lassen. Mit Kurs OST, halben Wind und besten Bedingungen setzen wir Segel. Der Wettlauf mit dem nahenden Starkwind beginnt. Schon am nĂ€chsten Tag hat der Wind gedreht und beschert sĂŒdliche Winde und kurze Wellen, die uns auf gut 7 Knoten beschleunigen. Wir spĂŒren die enormen KrĂ€fte, die auf unser Schiff einwirken. Doch die unvorhersehbaren Schiffsbewegungen lassen vor allem Claudia den Spaß an der Sache vergehen. Die Anstrengung hat sich dennoch gelohnt, denn wir haben den starken Nordwind hinter uns gelassen. Nun folgt eine Tiefdruckrinne.

Es regnet BindfĂ€den und es ist kein Ende in Sicht. Der Wind lĂ€sst nach und wir kommen zunĂ€chst nur langsam oder durch die Hilfe des Motors voran. Im gesamten Schiff ist es feucht und ungemĂŒtlich. Es ist ein bisschen wie beim Zelten. Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt angelangt und dabei haben wir noch nicht einmal 500 Seemeilen im Kielwasser. Ich bin froh, als sich am kommenden Tag die Sonne durchsetzt und wir mit leichtem Wind und einer starken Strömung in unsere Richtung zĂŒgig und vor allem ohne nennenswerte Schiffsbewegungen weiter fahren können. Wir trocknen unsere Sachen in der Sonne, unser Mitsegler Torsten ĂŒbernimmt die Backschaft und am Nachmittag ist die Moral der Crew wieder hergestellt. Sogar Claudias Batterien scheinen sich wieder aufzuladen. Die Großwetterlage sieht jedoch nicht so aus, als wĂŒrden wir die Azoren direkt erreichen. Und so fahren wir zunĂ€chst mit einem nordöstlichen Kurs weiter und hoffen auf eine Änderung der Windrichtung.

Und die Winddrehung kommt. SĂŒdlich des Hochdruckzentrums dreht der Wind auf etwa 170 Grad, mit 8 bis 10 Knoten. Ideale Bedingungen fĂŒr uns. Die WindĂ€nderung ist jedoch nicht in den Wetterkarten zu sehen. Diese sagen einen Einfallswinkel von 120 Grad voraus, mit dem wir so nicht segeln könnten. Es liegt wohl an der NĂ€he zum Zentrum des Hochdruckgebietes, um den sich der Wind im Uhrzeigersinn dreht, das wir mit dem richtigen Wind segeln können. Und wir sind zufĂ€llig an der richtigen Stelle, denn wir haben zusĂ€tzlich die Strömung mit uns, die uns mit gut einem Knoten anschiebt. Die Mariposa tut sich schwer mit den Bedingungen. Wir sind zwar seit mehr als einer Woche Seite an Seite unterwegs, aber unsere Freunde können mit ihrem schweren Stahlschiff bei diesen Wetterbedingungen kaum mithalten. Es ist einfach zu wenig Wind. Sie schlagen sich wacker und auch wenn wir ein paar Meilen auseinander sind, per Funk oder AIS bleiben wir stĂ€ndig in Kontakt und diskutieren die Wettermodelle und den zukĂŒnftigen Kurs. Es ist ein beruhigendes GefĂŒhl, 1.000 Seemeilen entfernt vom Land ein weiteres Schiff in der NĂ€he zu wissen.

Und dann kommt die Flaute. Wir stecken 900 Seemeilen vor unserem Ziel in der Mitte des Hochdruckgebietes. Der Motor lĂ€uft, die Segel werden geborgen. Es wird laut auf GOOD FELLOW. Der Motor ist nicht zu ĂŒberhören. Die See glĂ€ttet sich, die Wellen werden zu großen langen Wogen. Auf der OberflĂ€che sieht man nun kilometerweit jede kleinste VerĂ€nderung. Plötzlich taucht ein Wal hinter uns auf dem Wasser auf. Wir sehen mehrmals seinen RĂŒcken und wie er Wasser in die Höhe blĂ€st. Es ist unbeschreiblich schön, diese majestĂ€tischen Tiere so nah zu sehen. Die See ist nun auch noch von kleinen Seglern in Beschlag genommen. Auf der OberflĂ€che treiben portugiesische Galeeren, das ist eine Quallenart die an der WasseroberflĂ€che ein halbrundes durchsichtiges Segel aufblĂ€st und sich damit fortbewegt. Sie schimmern in blau und rosa. Unterhalb der WasseroberflĂ€che haben die Tiere lange Tentakel mit giftigen Nesselzellen, die sie zur BetĂ€ubung ihrer Beute nutzen. Selbst fĂŒr uns Menschen kann ein Kontakt mit diesen Quallen gefĂ€hrlich werden. Somit fĂ€llt ein Bad bei Flaute im Nordatlantik zunĂ€chst  aus. Wahrscheinlich wĂ€ren wir bei 21 Grad Wassertemperatur sowieso nicht ins Wasser gesprungen


Der Motor wird wieder gestartet, damit wir weiter kommen. Irgendwann in der Nacht  heult er auf. Da stimmt was nicht! Die Drehzahl erhöht sich, um dann wieder auf den normalen Wert zu sinken. Ich kenne das Verhalten des Motors. Er bekommt keinen Kraftstoff. Sicherheitshalber tanken wir aus unseren Reservekanistern 40 Liter Diesel nach und verringern die Drehzahl. Nun verhĂ€lt sich der Motor wieder normal – vorerst. Am Morgen tritt das Verhalten nun regelmĂ€ĂŸig bei niedriger Drehzahl auf, dann im Standgas. Ich schalte den Motor schließlich ab. GOOD FELLOW treibt nun auf dem Wasser dahin, 800 Seemeilen vom Land entfernt. Ein kurzer Funkruf an unsere Freunde der Mariposa, um unsere Situation zu beschreiben und dann treiben zwei Schiffe im Atlantik vor sich hin. Die Mariposa wartet auf uns.

Wir bauen den Diesel Vorfilter aus und ersetzen ihn gegen einen neuen. Das Schauglas des Wasserabscheiders reinigen wir. Doch es will kein Diesel in den  Wasserabscheider fließen, als wir den Tank wieder öffnen. Nun geht die Fehlersuche los. Die Zuleitung scheint in Ordnung zu sein, denn dort lĂ€uft der Kraftstoff heraus. Der Fehler muss also im GehĂ€use des Vorfilters liegen. Ich fange an ihn zu zerlegen. Im Anschluss der Dieselleitung finde ich den Fehler. Das Bauteil ist verstopft. Mit OhrstĂ€bchen reinige ich alles und entferne Kunststoffteilchen und Haare. (Tja, Verstopfungen gibt es scheinbar  nicht nur auf KlĂ€rwerken 😉 )  Wie so was in den Kraftstoff kommen kann, ist mir ein RĂ€tsel. Wir wechseln vorsorglich den zweiten Dieselfilter, entlĂŒften das System und nehmen den Motor wieder in Betrieb. Schon beim zweiten Versuch springt er wieder an. Die gesamte Crew ist erleichtert. Es wird nun aufgerĂ€umt und gelĂŒftet, der Dieselgestank soll so schnell wie möglich wieder aus dem Schiff verschwinden.

Unter Maschine fahren wir nun zur Mariposa. Das Meer ist mittlerweile so glatt, dass wir uns auf der OberflĂ€che spiegeln. Kein Wind, nur die Strömung bewegt uns. Die Kinder pumpen das SUP auf und springen doch noch ins Wasser, Kindertausch ist angesagt. Flo kommt zu uns herĂŒber geschwommen und wir bereden die Lage. Segeln macht unter diesen UmstĂ€nden keinen Sinn. Wir beschließen uns treiben zu lassen und auf den Wind zu warten.

Zwischenzeitlich kommt ein drittes deutsches Schiff in Reichweite. Es ist die Jafranti. Die Freude ist groß, denn mit Heike und Kai haben wir viele Seemeilen seit Vigo in Spanien gemeinsam im Kielwasser gelassen. Am Abend treiben nun drei deutsche Segelboote mitten auf dem Nordatlantik. Was fĂŒr ein Tag.

Als wir am nĂ€chsten Morgen aufwachen, sind wir viele Seemeilen in die richtig Richtung getrieben. Nur der Wind hat immer noch nicht aufgefrischt. Wir versuchen unser GlĂŒck mit dem Blister, geben aber am Abend auf und schließen wieder unter Maschine zu den beiden anderen Booten auf. In der Nacht soll es dann endlich wieder Wind geben. Und tatsĂ€chlich setzt der Wind in der Nacht ein und wir können segeln. Es geht wieder dem Ziel entgegen!

Eine große Abwechslung auf dieser Reise sind die Delphin- und Walsichtungen. Und ein Wal kommt unserem Schiff sogar ziemlich nah. Er schwimmt kurz hinter unserm Boot, atmet mehrmals tief ein und sinkt dann in die Tiefen des Meeres ab. Zum Abschied zeigt er uns seine Fluke, dann ist er weg. Was fĂŒr ein magischer Moment. SpĂ€ter erfahren wir, dass es sich um einen Buckelwal gehandelt hat. Die Kontakte zu den MeeressĂ€ugern, machen die Überfahrt einzigartig. So viele Tiere haben wir auf der gesamten Reise nicht gesehen, wie in den vergangenen Tagen.
Das letzte Drittel der Reise wird dann leider wieder zum Wettlauf mit dem Wetter. Ein Tiefdruckgebiet hat sich angesagt und damit gibt es wieder starken Wind und ausgiebigen Regen. Wir versuchten alles, um vor dem schlechten Wetter zu bleiben. Mehrmals tĂ€glich checkten wir den Wetterbericht in der Hoffnung, dass sich die Vorhersage zu unseren Gunsten Ă€ndert. Und wir haben GlĂŒck. TatsĂ€chlich schwĂ€cht sich die Front ab und wir lassen den Wind hinter uns. Nur dem Regen und den Wellen entkommen wir nicht. Zum zweiten Mal auf dieser Reise wird es ungemĂŒtlich auf See und wir schlagen uns im Ölzeug die Nacht um die Ohren. Am nĂ€chsten Morgen ist der Spuk vorbei, die Sonne kommt heraus, als ob nichts wĂ€re und bringt uns östliche Winde mit. Die Azoren in Reichweite, fahren wir wieder von unserem Ziel weg. Meine Geduld wird wieder auf die Probe gestellt, denn ich kann es kaum erwarten, wieder festen Boden unter den FĂŒĂŸen zu spĂŒren. Viele Stunden geht es so nach Nordosten. Erst mit dem angesagten Winddreher können wir – wieder einmal hart am Wind- die Azoren anlaufen. Gegen Wind und Welle kĂ€mpfen wir uns die letzten 250 Seemeilen voran, trimmen das Boot so gut wir können und holen das letzte QuĂ€ntchen Geschwindigkeit aus ihm raus. Gegen die Wellen fahren macht auf Dauer auch keinen Spaß. Man sieht dabei dem Schiff förmlich an, wie es sich gegen die immensen KrĂ€fte des Wassers wehrt und sich verwindet. Und so schmerzt mich jeder Welleneinschlag und jedes Stampfen des Schiffes. 120 Seemeilen vor dem Ziel schlĂ€ft der Wind wieder ein. Wir motoren  direkt auf Horta zu, und mit uns auch viele andere Segler. Wir zĂ€hlen mindestens 20 Schiffe, die ebenfalls auf Horta zuhalten. Ob wir da noch einen Platz in der Marina bekommen? Am Vormittag des 01 .Juni fahren wir, nachdem uns nochmals Delfine und eine Schildkröte Hallo gesagt haben, in den Hafen ein. Der Anker fĂ€llt im hintersten Eck in der NĂ€he der Fischer. Die Mariposa, die ein paar Stunden vor uns angekommen ist, leiht uns ihr Dinghy und wir checken uns an Land ein. Kurze Zeit spĂ€ter können wir die gelbe Flagge einholen. Wir sind auf den Azoren angekommen.

Etappe Miami – Bermuda : 9 Tage 1.086 Seemeilen
Etappe Bermuda – Azoren: 17 Tage 1.989 Seemeilen
Summe: 3.075 Seemeilen

 

p.s.: Danke Torsten. Du hast das super gemacht! 

4 Kommentare zu „Von Miami auf die Azoren“

  1. Ein GlĂŒck, Ihr habt euch gemeldet. Hatten schon große Bedenken, dass Ihr in der Karibik verschollen sein könntet.
    Völlig irre, was Ihr da so bisher und auch auf der Heimfahrt so erlebt habt; davon kann man dann wohl
    etliche Jahre zehren und erzÀhlen.
    Passt auf Euch auf bei den letzten Meilen.
    Viele GrĂŒĂŸe.

  2. Nicht nur das Segeln, auch die Berichte werden immer spannender und professioneller .
    Wir hoffen, es bleibt nach der RĂŒckkehr noch Elan fĂŒr den 1. SVG.
    An Luise nochmal viele GrĂŒĂŸe und macht ihr einen schönen Tag heute.
    Mast- und Schotbruch wĂŒnscht Kornelia

  3. Hallo Good Fellows, das habt Ihr super gemacht und ich freue mich fĂŒr euch. Genießt die Azoren.
    Liebe GrĂŒĂŸe aus den Tobago Keys von der SIMA

  4. Ich bin wieder fasziniert und gefesselt beim.lesen der lebensechten/-nahen Beschreibungen .
    Aufregung pur
    .aber Hauptsache ihr habt gut das nĂ€chste Ziel erreicht.Weiter so.Ubsere besten WĂŒnsche begleiten euch. Dazu herzluchste GrĂŒsse von Veronika u Fam

Schreibe einen Kommentar zu Florian Kommentieren abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Scroll to Top