Einklarieren

Wir haben wieder festen Boden unter den Füßen. Wir haben es geschafft. Wir sind angekommen. Die Eindrücke, Gefühle und Empfindungen prasseln auf uns herein. Wir erleben einen so lieben, herzlichen und emotionalen Empfang von unseren Seglern, der seinesgleichen sucht. Erst kommt uns ein Dinghi mit einem professionellen Fotografen entgegen. Wir formieren uns und lassen uns ablichten. Später erfahren wir, dass ein Bild 100 US-Dollar kostet. Da sind doch die jährlichen Klassenfotos zu Hause mit ca. 20€ ein echtes Schnäppchen. Wir entdecken Florian, mit seinen beiden kleinen Mädels auf uns zukommen, gefolgt von drei Dinghis mit Kindern und Seglern von der ARC. Mir schießen die Tränen in die Augen. An den Stegen steht der Rest und empfängt uns mit Tröten, Rufen und Pfannengeklapper. Es ist unbeschreiblich schön. Es wurde noch einmal lauter, als wir endlich unsere Füße auf den Pontoon stellen und dann liegen wir uns alle in den Armen. Marko wurde kühles Bier gereicht, mir drückte einer einen Obstkorb in die Hände, gefolgt von Rumpunsch, die Kinder waren mittlerweile im Getümmel verschwunden, ich hörte sie nur noch feiern.

Neun Uhr am Morgen wollten wir uns dann auch gleich ordnungsgemäß anmelden, sollte doch schnell machbar sein, dass wir aber erst Stunden später wieder am Schiff sein werden, war uns nicht bewusst. Wir wollten alles richtig machen, und so zogen wir vier uns die weißen Crew-Shirts an und standen kurze Zeit später mit Masken auf der Nase in einem sechs Quadratmeter Ministery of Health Büro. Zwei Schreibtische, drei Damen, wobei nur eine medizinische Kleidung trägt, eine Mikrowelle auf dem Kühlschrank, Eimer und Schrubber gleich daneben, Handtaschen, Wasserspender, Klimaanlage und zwei Ordnerschränke. Für uns standen zwei Stühle an der letzten freien Wand, Juliane und Luise nahmen sie gleich in Beschlag. Während wir auf Anweisung die erforderlichen Unterlagen, und Papiere zurechtlegen, sind zwei der Angestellten tief in ihren Smartphons versunken. Die Impfpässe möchte niemand sehen, nur die Pässe und Bootspapiere. Wir bekommen zwei Zettel mit ein wenig ausgefüllten Angaben über die GOOD FELLOW und uns. Nun laufen wir vier im Entenmarsch zum nächsten Büro ein paar Meter und Treppen weiter zum Einklarieren. Der Raum ist sehr kalt heruntergekühlt, ich bekomme sofort eine Gänsehaut. Vor uns sitzen zwei uniformierte Männer hinter Glas an ihren Schreibtischen. Nur einer schaut auf und zählt alle möglichen Papiere auf, die er benötigt, unter anderem die Kopie vom (nennen wir es) Gesundheitsamt. Haben wir. Tja, nun suchen wir aber einen gelben Zettel, der uns in Las Palmas ausgehändigt wurde. Ich sehe mich der Aufgabe gewachsen und marschiere zurück zum Boot. Nur gut, dass wir einen schönen Papierstapel an nur einer Stelle sammeln und so ich finde rasch das gelbe Zettelchen. Wieder zurück macht sich der Officer an die Sichtung aller Papiere. Nach einiger Zeit überreicht er uns drei Ausfertigungen der Einwanderungsabfertigung und zeigt auf eine Tür rechts von uns. Da müssen wir rein. Juliane und Luise sind schon leicht genervt und bitten um Rückzug. Abgelehnt. Wir merken schnell, dass wir vier hier nicht alle reinpassen und so bleiben unsere Mädels im eiskalt runtergekühlten Raum davor stehen. Jetzt wird es spannend. Eine Dame mit wunderschönen exakt geflochtenem Haar und ein Herr in Uniform sitzen hinter ihren Schreibtischen. Dazwischen steht ein Stuhl, auf dem ein ca. 12-jähriges Mädel am Handy sitzt. Ein zweites jüngeres steht daneben und schaut einfach nur herum. Es ist mittlerweile zehn Uhr. Die Dame schaut uns nicht an, der Herr gibt uns aber durch eine Handbewegung zu verstehen, dass sie sich um uns kümmern wird. Nun gut. Sie füllt als erstes die Farbe vom Stempelkissen auf und checkt in aller Ruhe das Datum am Stempel, dreht daran, wobei sie ununterbrochen mit der anderen freien Hand ihr Smartphon bedient. Marko gibt unsere Pässe und einen von den drei Zetteln, von der Imigrationsbehörde eine Tür zuvor, ab. Wir bekommen einen genervten Blick und ein Schwall Wörter, die wir erst beim zweiten Mal verstehen. Es fehlen vier ausgefüllte DIN-A5 Blätter. Marko hat sie aber in seinen Unterlagen und schiebt sie erleichtert rüber. Wieder ein komischer Blick von der Dame, wir müssen alle Zeilen ausfüllen und so wendet sie sich wieder ihrem Smartphon zu. Einen Kugelschreiber bekommen wir nicht, den hole ich mir tapfer vom Officer nebenan. Marko versucht, abzuschreiben, denn vor ihr auf dem Schreibtisch liegen nämlich ein paar dieser Zettel der anderen Boote, sicher noch von gestern. Es ist fast unmöglich, auf alle Fragen zu antworten. Hinter uns erscheint ein Mann, auch ein Segler, im Türrahmen. Die Dame lächelt und weist ihn an, auch hereinzukommen. Ich denke noch, jetzt wird es eng, als er überschwängliche Umarmungen neben den Schreibtischen austauscht und den beiden eine Weihnachtstüte überreicht. Sie scherzt mit ihm und bedankt sich. Super, sie ist als doch freundlich, wenn sie will. Als wir endlich jede Zeile „ausgemalt“ und unser Pässe neue glänzende Stempel bekommen haben, drückt sie uns ein Blatt in die Hand und zeigt auf ihren Kollegen neben ihr. Okay, es geht weiter. Marko und ich tippeln also vier Schritte weiter nach rechts und übergeben das Formular. Und siehe da, mehr passiert nicht. Raus hier aus der Kälte, rein in die Mittagshitze. Nächster Stopp: Marina Hafenbüro. Marko entlässt die Mädels aus unserem Gefolge, das lassen sie sich nicht zweimal sagen und sind schon weg bevor wir noch ein paar Aufgaben verteilen konnten. Das Hafenbüro ist sehr weihnachtlich geschmückt. Eine junge sehr nette Dame begrüßt uns, nimmt alle Kopien, Pässe, Bootspapiere freundlich entgegen und klärt mit uns den Aufenthalt, Wasser und Strom. So macht es Spaß. Zum guten Schluss schleppen wir uns noch in das ARC Büro, geben unseren Peilsender wieder ab, übermitteln unsere Regattadaten und sind endlich mit dem Vormittags-Bespaßungsprogramm fertig. Jetzt sind wir wirklich angekommen.

In Bequia,  scheint es einfacher zu gehen. Ein großer Raum, links so eine Art Poststelle, vor uns zwei Schalter hinter Glas, davon ist nur einer besetzt und dann noch rechts eine Dame hinter Glas, die alle Ausweise abstempelt. Der Raum ist gekühlt und die Segler stehen brav hintereinander an, bis sie an der Reihe sind. Wir müssen uns noch im Computer registrieren, alle möglichen Zettel unterschreiben, Ausweise wieder einsammeln, fertig.

Und in Saint Anne auf Martinique, schien es erst kompliziert, war es aber nicht. Hier musste man nur eine versteckte Kneipe, so eine Art Imbissbude finden. In einem Nebenraum steht ein Computer, in dem wir unsere Daten wieder fein eintragen, ausducken und an der Bar drei Euro für den Stempel zahlen. Fertig.

1 Kommentar zu „Einklarieren“

  1. Endlich komme ich mal zum Antworten.
    Ohne Worte, es ist wunderschön und toll, was Ihr da so alles erlebt.
    Und es ist einfach nur irre, wie Ihr die Überfahrt gemeistert habt; und das “mit einem sinkenden Boot”.
    So ein gaaanz wenig Wehmut und Fernweh kommt da schon mal auf.
    Wir wünschen Euch für die Zeit in der Karibik alle Gute, sehr viel Spass, Sommersonne und Sand zwischen den Zehen.
    Und, das darf man jetzt noch, alles nur erdenklich Gute für 2023.

    Das Elisenteam

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