Segeln in Galicien

Ankunft in A Coruna

Spanien empfängt uns mit Sonnenschein und Wärme, als würde es uns für die Strapazen der Biskaya entschädigen wollen. Wir laufen den Royal Nautico Club in der Stadt an, der sich unmittelbar am Stadtzentrum befindet. Ich melde uns per Funk an und wir werden von einem Mitarbeiter per Boot empfangen und zu unserem Liegeplatz begleitet. Im Hafen liegen bereits Segelboote aus vielen Ländern. Um uns herum sind es finnische und schwedische Familiencrews, mit denen wir schnell in Kontakt kommen. Die Kinder spielen gemeinsam UNO und am nächsten Tag wird gemeinsam auf dem Boot der Tiger Lily Englisch Unterricht abgehalten. Juliane übernimmt hier den Lehrerpart. Ich bin stolz auf meine Kinder, denn genau für diese Momente ist unsere Familienreise gedacht.  A Coruna ist eine große Stadt. Es sollen hier im Ballungsgebiet 250.000 Menschen leben. Die Stadt ist mit einer Vielzahl fünf bis zehngeschossiger Reihenhäuser bebaut. Viele davon reine Zweckbauten. Schaut man aber genauer hin, so ist der Glanz alter Zeiten zu erkennen. Hin und wieder mogelt sich ein liebevoll saniertes historisches Gebäude in die Häuserzeilen und strahlt so seinen besonderen Charme auf die modernen Nachbarn aus. In den Altstadtgassen reihen sich kleine Kneipen und Geschäfte aneinander. Die Stadt ist auf mehren Erhebungen gebaut und so muss man schon kurz hinter der Hafenpromenade steile Wege gehen oder Treppenanlagen nutzen. Auf der nördlichen Seite der Altstadt ist die Badewanne von A Coruna. Ein breiter langer Sandstrand in einer Bucht lädt zum Sonnen und Baden ein. Der Torre de Hercules ganz in der Nähe, der auf einer dieser Hügel errichtet wurde, ist einer der ältesten noch in Betrieb befindlichen Leuchttürme der Welt. Das Leben fängt erst am Abend an. Geschäfte und Restaurants machen die spanische Siesta und will man Essen gehen, muss man sich bis mindestens 20.00 Uhr gedulden. Für unsere deutschen Mägen eine echte Herausforderung, denn diese fangen bereits um 17.00 Uhr an zu knurren. An einem Abend halten wir es aber dann doch aus, gehen hungrig in die Altstadtgassen und suchen uns eine kleine Kneipe aus. Ich mag die spanische Lebenseinstellung und der Ausdruck der Lebensfreunde, die uns diese Menschen entgegenbringen. Mit der täglichen Siesta könnte ich mich auch anfreunden, dafür bleibt aber an Bord der GOOD FELLOW irgendwie keine Zeit, denn die Tage sind immer ausgefüllt von unterschiedlichen Aktivitäten und notwendigen Arbeiten. Vom Wäschewaschen über Einkaufen, Kochen, Bootspflege, Reparaturen, Reiseblog schreiben, Reiseroute planen, Stadt erkunden und mit Bootsnachbarn Bier trinken, bleibt uns leider keine Zeit für ein ausgedehntes Mittagesschläfchen. A Coruna hat so viel Anziehungskraft, dass uns die Hafenfäule in Beschlag nehmen könnte. Mit anderen Worten, warum weiterfahren, wenn es hier doch ganz schön ist. Aber wir wollen weiter und so entscheiden wir uns, bevor das nächste Tiefdruckgebiet über Galizien zieht, weiter in Richtung Süden zu fahren. Mit Ronja Segeltochter und ihrer Moody, einer englischen Segelyacht, geht es zunächst um die Ecke in einen kleinen Fischerhafen, in dem wir an Mooringtonnen festmachen, bis in die Nacht Bier und Wein trinken und am nächsten Morgen weiter westlich nach Muxia fahren. Der Wind war leider gegen uns, aber der Ehrgeiz hat uns gepackt. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, wussten beide Crews, dass sie sich mitten in einer Regatta befanden. Wir kreuzten an der Küste entlang und verloren uns teilweise aus den Augen, nur um ein paar Stunden später unsere Kurslinie wieder zu kreuzen. Wir hielten uns an der Küste und ich machte es wie Boris Herrmann, der die Winddrehung, den sogenannten Kap-Effekt ausnutzen wollte. Den gab es dann tatsächlich und so holten wir auf, um dann auf der Zielkreuz so viel Höhe zu laufen, dass wir es in die Einfahrt der Bucht geschafft haben, Ronja aber leider nicht. Die notwendigen zwei Wenden bedeuteten das aus für Ronja und ihre englische Yacht. Als überragender Sieger fährt die Crew der GOOD FELLOW in den Hafen von Muxia ein und feierte ihren Sieg in einem kleinen Restaurant bei Pizza und Burger. Übrigens, Claudia war während des Segelns ein Totalausfall, über die näheren Umstände gehen wir besser nicht ein.

Auf zu den Rias

Es wird Herbst in Spanien. Die Nächte sind kühl und am Morgen liegt dichter Nebel über dem Atlantik. Das Meer liegt ruhig wie ein Spiegel vor uns und ist gespickt mit einigen Angelbooten, die früh am Morgen den großen Fang machen wollen.  Für uns geht die Reise weiter nach Süden und damit hinein in die neblige Suppe. An unser Steuerbordseite befindet sich das Ende oder der Anfang des Jacobsweges zu dem die Pilger wandern, wenn sie Santiago de Compostella besucht haben. Gestern waren wir noch dort, kletterten auf den kleinen Berg und blickten bei strahlendem Sonnenschein staunend auf den Nordatlantik. Die Wellen brechen sich an der Steilküste und die kleine Kirche, die den Seefahrern gewidmet ist thront oben an der Klippe für alle Seefahrer gut sichtbar. Heute sind wir auf der anderen Seite unterwegs und können uns leider kein Bild von diesem Küstenabschnitt machen. Denn unsere Sicht ist auf die nächsten 100 Meter begrenzt. Der Nebel lässt die Konturen zwischen dem Meer und dem Himmel verwischen aber die Sonne kämpft sich Stück für Stück durch das Grau des Nebels.

 

Claudia erlebt das so:

Wir gleiten durch den Nebel, langsam, geheimnisvoll, alles ist still. So würde ich meinen Text gerne beginnen. Aber es stimmt nur der Nebel. Wir tuckern relativ langsam durch eine dicke Nebelsuppe, alles ist klamm und nass, die Hände kleben vom salzigen Wasser. Wir beide haben unsere Augen aufgerissen, um vielleicht irgendetwas zu erkennen. Aber da ist nichts, nur unser Boot, das Wasser und der Dunst. Wir werden kurz belohnt und sehen drei Delphine, die mit uns ein paar Minuten schwimmen. Dann ist wieder alles grau in grau oder meinetwegen hellgrau in dunkelgrau, um etwas Farbe in den Bericht zu bringen. Farbig wird es tatsächlich, als ich direkt vor mir etwas rundes in türkis auf dem Wasser schwimmend sehe. Ich schnappe mir den Kescher, Marko hält darauf zu. Ich bin ganz aufgeregt, mein erster Fund. Ich stehe an der dicksten Stelle am Boot und tauche den großen Kescher pünktlich ins Wasser ein, um das Ding zu fangen. Das war der Plan. Nur habe ich nicht erwartet, dass das Wasser so eine Kraft hat. Es fließt nicht einfach so durch mein Netz, sondern lässt ihn wie gegen eine Wand prallen. Ich habe Mühe ihn zu halten, dabei gleitet mein Schatz an mir vorbei. Ich muss wohl so unglücklich traurig ausgesehen haben, denn Marko ändert den Kurs für mich und fährt einen schönen Kreis. Ich bekomme eine zweite Chance. Und diesmal habe ich ihn! Es ist ein harter Ball, wie ihn die Fischer manchmal an den Netzen befestigen, und ich darf ihn behalten, meinen „catch oft the day“. Das Boot hinter uns macht gleich einen größeren Bogen um uns, als er unsere plötzliche Kursänderung bemerkt. Naja, so einen Kreis sollte man nicht so oft fahren. Mittlerweile sind auch die Mädels munter. Luise ist unter Deck mit der Schule beschäftigt und Juliane übernimmt das Steuer. Wir fahren weiter unter Motor, haben aber beide Segel offen, um doch ein paar Knoten zu erhaschen. Meine Idee, bei diesem Mini-Wind die Drohne steigen zu lassen, lässt Marko gleich aus seiner Pause hochschrecken. Gesagt, getan. Ich freue mich auf das Ergebnis der kleinen Runde, aber wie immer habe ich ganz schön Schiss, die Drohne wieder einzufangen. Sie ist nämlich ganz schön störrisch und lässt sich sehr schlecht greifen. Ich stehe am Achterstag und überlege, wie ich mich am besten hinstelle. Mit rechts lässt es sich zwar besser fangen, aber mit links lässt es sich schlechter festhalten. Irgendwas ist immer. Und dann passiert es. Ich schnappe die Drohne und es schmerzt. Von meinem „Aua“ will Marko im ersten Moment gar nichts hören. „Dreh sie rum, schnell!“ (damit die Drohne in den standby-Modus fährt) Ich gehorche, dann tropft Blut. Sie hat meinen rechten Mittelfinger erwischt. Zwei kleine Einschnitte. Ein Pflaster reicht, aber für ein gequältes Foto ist noch genug Zeit. Die kurze Drohnenrunde hat sich aber gelohnt.

Auf dem Meer gewinnt die Sonne schnell die Überhand, die Küste jedoch ist weiterhin von dichtem Nebel umhüllt. Wir motoren die ersten Stunden, weil auch der Wind auf sich warten lässt. Das Radar läuft, wir sehen auf dem AIS andere Segler, die ebenfalls in unsere Richtung fahren und wenn der Nebel besonders dicht ist, setzen wir unser Horn ein und geben regelmäßig ein Schallsignal. Als wir das Kap Finesterre erreichen löst sich auch der Nebel an der Küste auf uns gibt und den Blick frei. Was für ein Anblick. Der Wind setzt von Norden her ein und erreicht schnell 12kn, später dann 20kn Geschwindigkeit. Wir segeln mit beiden Segeln Schmetterling, eine Segelstellung bei dem ein Segel auf der Steuerbord- und ein Segel auf der Backbordseite gefahren werden und erreichen 6kn Fahrt. Die Welle nimmt langsam zu und als der Wind etwas dreht, geht es nur noch mit Großsegel und mit 5,5kn in den Süden weiter.  Unsere Windfahne verrichtet wieder ihren Dienst und wir sind dankbar dafür, denn unser elektrischer Autopilot, der beim Fahren unter Maschine zum Einsatz kommt, ist seit A Coruna defekt. Unter Motor muss nun die Crew GOOD FELLOW auf Kurs halten. Was auf kurzen Schlägen viel Spaß macht, kann bei längeren Fahrten schon ein wenig nervig sein. Bei Fahrten, die mehr als ein paar Stunden dauern, kann ein Crew ohne Autopiloten schnell an ihre körperlichen Grenzen kommen.

Wir erreichen die Rias und kommen der felsigen Küste immer näher. Die Rias sind vergleichbar mit den Fjörden in Norwegen. Die langen Meeresarme reichen tief ins Land und sind eingebettet in eine bergige Landschaft und vorgelagerten kleinenund großen Inseln, die oft nur aus Felsen bestehen. Mir schwant mittlerweile, warum dieser Abschnitt der Atlantikküste Costa del Morte heißt, denn ein paar Meter neben uns ragen kleine Felsspitzen aus dem Wasser. Ein unheimlicher Anblick. Hier von einer Insel zu sprechen wäre zu viel des Guten, den man kann gerade einmal darauf Sitzen, aber um mehr handelt es sich hierbei auch wiederum nicht. Als die großen Seefahrer in ihren Holzschiffen die Küste befuhren und so einem kleinen Felsen zu Nahe kamen, war es um Schiff und Mannschaft geschehen, del Morte eben. Wir schlängeln uns segelnd zwischen diesem Labyrinth hindurch und erreichen schließlich Ribeira, wo wir in Lee vor dem Strand vor Anker gehen und die Nacht verbringen. Zum  Baden ist es leider viel zu kalt und wir beneiden unsere Segelfreunde, die gerade im Mittelmeer unterwegs sind und etwas andere Bedingungen vorfinden.

3 Kommentare zu „Segeln in Galicien“

  1. Hallo Marco mit deinen 3 Frauen,
    es ist absolut toll, wie Ihr das alles macht. Ganz großen Respekt.
    Uuuund Eure Berichte werden immer besser, bildhafter und sehr angenehm lesbar; man fühlt sich wie dabei gewesen. Die Hafenaufenthalte bringen Euch sicherlich immer neben dem vielen Neuen auch Entspannung für das Nervenkostüm. Bei uns wird es nun langsam herbstlich, die Elise liegt glücklich am Steg mit ihrem neuen Lazyjack mit Bag und wartet auf einen neuen Ausritt. Hoffentlich haben wir einen schönen Sonntag und können nochmal raus. Es juckt in den Fingern.
    Viele Grüße
    das Elisenteam

  2. Mario Schellenberg

    Moin ihr Segler,

    mein Hamsterrad dreht sich und dreht sich und erst jetzt habe ich mir endlich die Zeit und die Ruhe genommen, eure letzten beiden, sehr spannenden und aufregenden Berichte zu lesen. Ich bin tief beeindruckt von der Schreibweise, aber auch von den Herausforderungen, die ihr da draußen meistert. Ich könnte das nicht, nicht mit den Wellen, nicht mit dem Wind, nicht in der Nacht und nicht mit diesen großen Pötten. Ich bin stolz auf euch. Viele Reiseberichte habe ich gehört, viele gesehen und noch mehr gelesen. Denkt gar nicht darüber nach, eure Erlebnisse nicht zu veröffentlichen. Es liest sich wunderbar und es lässt sich weiter vermitteln, an die, die jeden Tag ins Hamsterrad krabbeln und doch gern ausbrechen möchten. Vielen Dank für die vielen Zeilen und alles Gute.

  3. Hallo ihr Lieben vier…habe gleich wieder euren so lebensechten Beitrag gelesen…toll meistert ihr das alles…weiterhin viele schöne und nur gute Erlebnisse. Passt gut auf euch auf.Seid herzlichst gegrüsst u gedrückt..bin in Gedanken immer bei euch..tschüs Veronika

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